Verstörende Silvesternacht
Die Übergriffe von Köln und anderen deutschen Städten dominieren seit Wochen die Berichterstattung. Den einen spielt es in die Karten, dass Flüchtlinge möglicherweise an den Exzessen beteiligt waren. Sie können ihren Vorurteilen jetzt noch ungehemmter freien Lauf lassen. Die anderen wollen die mutmaßliche Beteiligung von Flüchtlingen vertuschen, weil es einfach nicht sein darf. Realität missbrauchen, Realität leugnen – wo bleibt da die Realität? Wo bleibt die Sachlichkeit, die Besonnenheit?
Im Jahr 2015 sind mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Unter diesen Menschen sind offenbar auch solche, die Straftaten begangen haben. Der Freundeskreis Asyl wendet sich entschieden gegen jegliche Gewalttaten und steht generell an der Seite der Opfer, egal, ob es sich bei ihnen um ausländische oder deutsche Menschen handelt. Gleichzeitig möchte der Freundeskreis gerade jetzt den vielen Flüchtlingen den Rücken stärken, die friedfertig sind und zu Recht als Opfer von Krieg, Verfolgung und Gewalt in unserem Land Zuflucht gefunden haben.
Vor diesem Hintergrund wollen wir:
1) die große Mehrheit der friedlichen Flüchtlinge vor pauschalen Vorurteilen schützen;
2) Bürgerinnen und Bürger, die sich für Flüchtlinge engagieren, zur Fortsetzung ihres sinnvollen Engagements ermutigen. Dabei möchten wir kein romantisches Zerrbild zeichnen: Flüchtlingsarbeit bringt neben sehr motivierenden Erfahrungen auch Frustrationen mit sich. Diese haben unter anderem damit zu tun, dass die asylsuchenden Menschen andere kulturelle Hintergründe haben als die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer. Hier müssen wir uns weiter dafür einsetzen, die Flüchtlinge kontinuierlich mit unseren Werten vertraut zu machen. Deshalb ist auch die Kulturvermittlung etwa im Rahmen des Deutschunterrichts so wichtig.
3) unsere eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzen: In unserem Freundeskreis opfern engagierte Menschen viel Freizeit, um zu einem guten Miteinander zwischen Flüchtlingen und der heimischen Bevölkerung beizutragen. Ob dies gelingt, hängt letztlich von jedem einzelnen Bürger und jedem einzelnen Flüchtling ab. Die Rahmenbedingungen für die Flüchtlingsarbeit schafft aber die Politik. Sie organisiert die Unterbringung und beauftragt die hauptamtlichen Heimleiter und Sozialarbeiter mit der Betreuung der Flüchtlinge. Diese Hauptamtlichen unterstützen wir, ohne unsere Ehrenamtlichen überstrapazieren zu wollen. Denn nur so ist dauerhaftes ehrenamtliches Engagement möglich.
Verunglimpfungen, Aggressionen und Lagerkämpfe führen zur Erstarrung – sie verhindern die Gestaltung einer lebendigen und lebenswerten Zukunft. Der Freundeskreis Asyl setzt in Lörrach weiter auf die Verständigung der demokratischen Kräfte und ein gutes Miteinander mit der überwiegenden Mehrheit der Flüchtlinge, die unsere Regeln respektieren.
Das Koordinationsteam des Freundeskreises Asyl Lörrach