Nach dem Ja zur GroKo
In ihrem Mitgliederentscheid haben sich die SPD-Mitglieder für eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen. Damit ist der Weg nun frei für eine Regierungsbildung. Was sich CDU/CSU und SPD in der Flüchtlingspolitik auf die Fahnen geschrieben haben, verspricht aber nichts Gutes für die Integration Geflüchteter. Der Freundeskreis Asyl Lörrach kritisiert zwei Vorhaben der neuen Regierung: Die Kontingentlösung zum Familiennachzug von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus und die Einrichtung so genannter Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungszentren.
Familiennachzug
„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ So steht es in Artikel 6 des Grundgesetzes. Es handelt sich um ein Menschenrecht, das für alle in Deutschland Lebenden gilt. Entsprechend hatte die Bundesregierung Anfang 2016 entschieden, Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz – also solchen Menschen, die nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention oder das deutsche Grundrecht auf Asyl fallen und denen laut §4 Asylgesetz im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden wie Todesstrafe, Folter oder unmenschliche Behandlung bzw. Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts droht – den Familiennachzug zu ermöglichen. Kurz darauf wurde die Regelung aber unter dem Eindruck des starken Flüchtlingszuzugs für zwei Jahre ausgesetzt. Am 16. März wäre diese Zweijahresfrist eigentlich abgelaufen.
Am 1. Februar entschied der Bundestag mit den Stimmen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion jedoch, die Aussetzung des Familiennachzugs bis Ende Juli zu verlängern. Danach sollen pro Monat bundesweit 1000 nahe Familienangehörige zu den subsidiär Geschützten nachziehen dürfen. Ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, wie er vor der Aussetzung bestand, ist damit faktisch vom Tisch.
Der Freundeskreis Asyl kritisiert den Bundestagsbeschluss nicht nur aus humanitären Gründen. Wir sorgen uns auch um die gelingende Integration der subsidiär Geschützten. Wer das Leben seines Ehepartners, seiner Kinder oder seiner Eltern im Herkunftsland bedroht weiß, wird hier kaum die Ruhe finden, um Deutsch zu lernen und auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Dass der Familiennachzug bis Juli ausgesetzt bleibt und danach nur eine willkürliche Auswahl weniger Angehörige nachziehen kann, konterkariert damit auch die Integrationsbemühungen von Helferkreisen wie dem unsrigen.
Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungszentren
Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland in so genannten „Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“(AnKER) kommen. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ vergleicht diese Einrichtungen mit den bereits bestehenden Zentren in den bayerischen Städten Bamberg und Manching und beschreibt sie als „Heime mit mehreren Tausend Bewohnern, in denen die Menschen bis zu zwei Jahre lang leben müssen.“ Die „Kasernierung von Asylbewerbern“ schade den Chancen von Asylbewerbern, eine Arbeitsstelle zu finden. Die Kinder der Bewohner gingen nicht auf reguläre Schulen, deutsche Nachbarn gebe es kaum, so Die Zeit in ihrem Artikel.
Damit sich Flüchtlinge mit guten Chancen auf einen Schutzstatus in die Gesellschaft integrieren können, braucht es aber persönliche Begegnungen und zwischenmenschliche Kontakte zu Einheimischen. Nur im Nebeneinander mit Alteingesessenen lernen geflüchtete Menschen, sich in Deutschland zurechtzufinden und selbstständig zu werden. Große Zentren wie die geplanten AnKER-Lager stünden der Integration von Asylbewerbern entgegen. Deswegen wendet sich der Freundeskreis Asyl gegen ihre Einrichtung.
In Gemeinden wie Lörrach bemühen sich die Akteure trotz großen Wohnungsmangels um eine möglichst dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen. Aus gutem Grund wurde die Aufnahmekapazität der in Lörrach-Haagen geplanten provisorischen Anschlussunterbringung von Flüchtlingen von 200 auf 150 gesenkt. Denn die Erfahrung zeigt: Je kleiner die Einrichtung und je näher der Kontakt zu den deutschen Nachbarn, desto besser stehen die Chancen auf eine gelingende Integration.